anpassungsstörung

typische auslöser

  • verluste: trennung, scheidung, tod eines geliebten menschen (wobei eine anhaltende, komplizierte trauer inzwischen eine eigene diagnose ist).
  • lebensveränderungen: umzug, schul- oder jobwechsel, heirat, geburt eines kindes, eintritt in den ruhestand.
  • krankheit und behinderung: die diagnose einer schweren körperlichen krankheit oder einer behinderung.
  • anhaltende konflikte: anganhaltendes mobbing, chronische probleme am arbeitsplatz oder in der familie.

die individuelle anfälligkeit (vulnerabilität) des einzelnen spielt eine große rolle, ob und in welcher form eine anpassungsstörung entsteht.

kernsymptome

die diagnose der anpassungsstörung wird gestellt, wenn die symptome innerhalb eines monats nach dem belastenden ereignis beginnen und klinisch signifikant sind (d. h. ein ausgeprägtes leiden verursachen und die funktionsfähigkeit beeinträchtigen).

die icd-11 (international classification of diseases, 11. revision) definiert die anpassungsstörung durch zwei kernmerkmale:

  • gedankliches verhaftetsein (präokkupation)
  • betroffene sind gedanklich intensiv mit dem belastenden ereignis und dessen auswirkungen beschäftigt. dies äußert sich in:
  • anhaltender sorge oder ängsten im zusammenhang mit der belastung.
  • gefühl der hilflosigkeit oder der überforderung bei der bewältigung alltäglicher situationen.

anpassungsschwierigkeiten (fehlanpassung)

dies beinhaltet die emotionalen und verhaltensbezogenen reaktionen, die über das hinausgehen, was als normale reaktion auf das ereignis erwartet werden könnte.

  • depressive stimmung: niedergeschlagenheit, traurigkeit, interesselosigkeit, freudlosigkeit.
  • angst und anspannung: innere unruhe, nervosität, konzentrationsschwierigkeiten.
  • verhaltensauffälligkeiten: sozialer rückzug, leistungsverlust in schule oder beruf, impulsive oder aggressive reaktionen (besonders bei kindern und jugendlichen).

weitere mögliche begleitsymptome:

  • schlafstörungen
  • körperliche beschwerden (psychosomatische symptome)
  • reizbarkeit

verlauf und abgrenzung

zeitlicher verlauf

die symptome einer anpassungsstörung sind per definition zeitlich befristet (transient). sie bilden sich in der regel innerhalb von sechs monaten nach dem ende des belastenden ereignisses zurück. falls der stressor jedoch anhält (z. b. bei einer chronischen krankheit), können die symptome auch länger andauern.

abgrenzung zu anderen störungen

die anpassungsstörung wird oft als ausschlussdiagnose gestellt, wenn die kriterien für eine spezifischere psychische störung nicht erfüllt sind, wie:

depressive episode: bei der anpassungsstörung stehen die symptome in direktem zeitlichen und inhaltlichen zusammenhang mit dem auslösenden ereignis und sind weniger schwerwiegend.

posttraumatische belastungsstörung (ptbs): hier ist ein extrem bedrohliches oder entsetzliches trauma nötig. die ptbs ist durch das wiedererleben (flashbacks, albträume) des ereignisses gekennzeichnet, was bei der anpassungsstörung nicht im vordergrund steht.

behandlung und prognose

die prognose der anpassungsstörung ist im allgemeinen sehr gut. viele betroffene erholen sich spontan, sobald der belastende faktor nachlässt oder sie gelernt haben, damit umzugehen.

psychotherapie

die psychotherapie ist die behandlung der ersten wahl, insbesondere wenn die symptome stark sind oder länger anhalten.

ziel: die verarbeitung des belastenden ereignisses, die stärkung der bewältigungsstrategien (coping) und die aktivierung der eigenen ressourcen.

methoden: kurzzeittherapien, unterstützende gespräche, techniken der kognitiven verhaltenstherapie (kvt) oder lösungsorientierte ansätze.

medikamentöse therapie

medikamente (z. b. leichte antidepressiva oder anxiolytika) können bei besonders stark ausgeprägten begleitsymptomen wie schlafstörungen, angst oder depressiver verstimmung unterstützend eingesetzt werden, sind aber keine alleinige therapie.

wichtig: eine unbehandelte, chronische anpassungsstörung kann das risiko erhöhen, dass sich daraus eine schwerere psychische störung (z. b. eine major depression oder eine angststörung) entwickelt. daher sollte die störung ernst genommen und bei bedarf frühzeitig behandelt werden.